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100 GLAUBENSLEHRE DES ISLÂM.

Die Moral des Islâm, wie sie im Korân gelehrt wird, ist durch-
aus
dem Character des Arabers angepasst. Was die allgemein
menschlichen Pflichten betrifft, so wird Mildthätigkeit gepriesen,
und oft noch sieht man Beispiele derselben. Die Gastfreundschaft
ist bei den Beduinen, aber auch bei den Bauern überall, wo euro-
päische
Reisende noch nicht überhand genommen haben, zu Hause.
Genügsamkeit ist ferner ein Hauptvorzug des arabischen Lebens,
wenn auch die Geldgier dem Araber tief im Blute sitzt. Die
Schuldgesetze sind sehr gelinde; das Verleihen von Geld auf Zinsen
ist eigentlich im Korân verboten, was indess nicht hindert, dass
heute der niedrigste Procentsatz in Syrien 12% beträgt. Das Ver-
bot
, unreine Thiere, z. B. Schweine zu essen, ist älter als der
Islâm und beruht, wie die Untersagung des Genusses geistiger Ge-
tränke
, auf Gesundheitsrücksichten; jetzt indessen wird Wein be-
kanntlich
von den höheren Classen, namentlich bei den Türken, in
Menge getrunken, ebenso auch Branntwein.

Unter den Muslimen finden sich sehr selten Junggesellen. Die
Monogamie ist in der Praxis häufiger als die Polygamie, da nur
wenige Leute für mehrere Frauen (vier ist die gesetzliche Grenze)
den Unterhalt erschwingen können, und überdies die Frauen sich
gewöhnlich zu viel zanken, wenn nicht jede für sich allein wohnt.
Dass die Frau wie eine Waare behandelt wird, ist uralt herge-
brachte
Sitte des Orients und der grösste Fehler des Islâm, ob-
wohl
die Stellung der Frau bei den orientalischen Christen und Juden
wenig besser ist. Sonderbarer Weise sieht der Muslim es ungern,
wenn die Frau fromm ist und betet. Die Verschleierung ist übrigens
für den Orient ganz am Platze. Eine Frau würde sich für be-
schimpft
halten, wenn man ihr zumuthete, mit der Freiheit aufzu-
treten
, welche die Frauen in Europa geniessen. Auch in den
christlichen Kirchen des Orients ist der Platz der Weiber durch
ein Gitter abgesperrt. Die Bauernweiber und die Frauen der
Beduinen hingegen sieht man oft schleierlos. Die Leichtigkeit der
Scheidung verdankt der Islâm Mohammed’s persönlichen Neigungen.
Der Muslim braucht nur ein Wort auszusprechen, so muss die Frau
sein Haus verlassen; doch behält sie das Heirathsgut, das der
Mann ihr gegeben hat. Die Kinder werden in grosser Unterwür-
figkeit
gegen die Eltern erzogen und zeigen daher oft mehr Furcht
als Liebe gegen sie.

Eine Hauptaufgabe des Muslim ist das fünfmal am Tage sich
wiederholende Gebet, dessen Zeit von dem Ausrufer auf dem Mi-
naret
angezeigt wird, und zwar 1. einige Zeit nach Sonnenunter-
gang
(maghreb); 2. zur Zeit, wo es vollständig Nacht geworden
ist, circa Stunde nach Sonnenuntergang (ʿaschâ); 3. bei Tages-
anbruch
(subh); 4. am Mittag (duhr); 5. am Nachmittag circa
Stunde vor Sonnenuntergang (ʿasr). Diese Gebetszeiten geben
zugleich die Eintheilung des Tages; ausserdem werden im Orient
auch von Sonnenuntergang an zweimal 12 Stunden bis zum näch-